Immobilienhai Gröner lügt & erspart der CDU Berlin eine 2,5-Millionen-Strafe +++ Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin +++
Berlin, Ende September
In unserem Prozess gegen die Bundesrepublik Deutschland wegen der Annahme mutmaßlich illegaler Parteispenden durch die CDU soll am zweiten Verhandlungstag der Immobilienunternehmer Christoph Gröner als Zeuge vernommen werden.
Gröner hatte öffentlich in mehreren Interviews verkündet, er habe eine Spende über rund 820.000 Euro (!) an die Berliner CDU (!!) vor fünf Jahren mit Forderungen verknüpft, nämlich nach finanzieller Gleichstellung behinderter Kinder in Kinderheimen – und, hüstel, wo wir schon mal dabei sind, gleich auch noch nach einer, ähem: „Modifizierung des Berliner Mietendeckels“ (!!!).
Ein Gutachten von Lobby Control war schnell zu dem Schluss gekommen, eine derartige „Einflussspende“ sei „mit hoher Wahrscheinlichkeit illegal“, aber die Bundestagsverwaltung – ja, genau, dieselbe Verwaltung, die unter Wolfgang Schäuble die PARTEI wegen einiger kleinerer Späße mit der Parteienfinanzierung durch alle Instanzen bis zum Bundesverwaltungsgericht nach Leipzig getrieben hatte (natürlich vergeblich, am Ende stand es 3 : 0 für uns) – sagt: Kein Problem, wird schon alles in Ordnung sein, ist doch die gute alte CDU (Bankenskandal, Schwarzgeld, Geldkoffer, „jüdische Vermächtnisse“, Maskengesch… – Pardon, das führt zu weit.). Auch ein Paket mit Unterschriften von 70.000 Berlinern, die das anders sehen, von Lobby Control überreicht, beeindruckt die Bundestagsverwaltung wenig.
Selbst wenn die Sachlage skandalös ist, klagen kann in einem solchen Falle niemand. Höchstens und nur ganz eventuell eine Partei (die sich praktisch in einer Konkurrenzsituation mit der CDU befindet). Nach reiflicher Überlegung fällt uns ein, dass wir selbst eine PARTEI sind, und netterweise ist Prof. Sophie Schönberger, langjährige Ko-Direktorin des Instituts für Deutsches und Internationales Parteienrecht an der Uni Düsseldorf, bereit, uns juristisch zu vertreten.
Verwaltungsgericht Berlin
Während einer recht unterhaltsamen zweistündigen Zeugenaussage erklärt Gröner, leicht verlebte Visage, gepflegte Bräune, blauer Maßanzug, er habe zusammen mit anderen Unternehmern 1,5 bis 2 Millionen für den CDU-Wahlkampf locker machen wollen, um die Stadt von der „kommunistisch-sozialistischen Herrschaft“ (Anm. d. PARTEI: gemeint ist höchstwahrscheinlich die Regierungskoalition aus SPD, Grünen und Linken) zu befreien: „Die CDU lag bei 12 Prozent, Berlin hatte keine bürgerliche Vertretung.“
Seine Großzügigkeit muss dem Manne, der nach eigenen Angaben wochentags hart arbeitet, aber samstags auf den Spielplätzen der von ihm gebauten Wohnanlagen herumlungert, um die leuchtenden Augen der glücklichen Kinder zu sehen… Überhaupt, er habe auch schon mal 20.000 für Kinderspielplätze an den von der CDU oder FDP… Namen können er sich nicht so merken… Selbst Bundespräsident Steinmetz habe ihn doch schon eingeladen, wegen seines Engagements für die Kinder.
Aber wir schweifen ab: Gröners erzählt, dass man ihm seine Großzügigkeit umso höher anrechnen müsse, als er dadurch Nachteile habe. Bauunternehmer, die hohe Geldsummern spenden, würden bei der Vergabe größerer Bauvorhaben „natürlich schlechter behandelt, weil es sonst heißt, dass es einen Zusammenhang zwischen Spende und Immogeschäft gibt. Die Zeiten, in denen man mit Spenden Einfluss nehmen konnte, liegen 40 Jahre zurück.“ (Altberliner werden sich erinnern. Smiley)
Als ihn Gerichtspräsidentin Xalter schließlich nach seiner kriminellen Forderung an die CDU befragt, lügt Gröner einfach: Die habe er, in erster Linie Familienvater, dann Bürger und dann erst (ehrbarer) Kaufmann, nie gestellt! Und aber, die… äh… Interviews auf Deutschlandfunk Kultur und im Tagesspiegel, in denen er davon erzählte…? „Da habe ich gelogen!“, sagt der Mann, ‘tschulli!
Wenn „Baupromi Gröner“ (Manager Magazin) damals doch die Wahrheit gesprochen hat, ist er ein Lügner. Wenn er gerade gelogen hat, natürlich auch.
Da wir keine Belege dafür vorlegen können, dass GRÖNER in Interviews die Wahrheit sagt, halten die Richter die jüngsten Aussagen von Gröner für glaubwürdig und weisen unsere Klage ab. Obwohl die Union nun doch keine 2,5 Millionen Euro Strafe zahlen muss, ist das Verfahren ein Erfolg.
Sachdienliche Hinweise
taz: „Für Transparenz und Demokratie ist das Verfahren und Urteil wichtig.“
Prof. Sophie Schönberger, Anwältin der PARTEI: „Mit seinem Beweisbeschluss hat das VG Berlin umfassend anerkannt, dass nicht mehr nur die Bundestagsverwaltung, sondern auch Parteien gegen illegale Parteispenden vorgehen können. Das ist ein Paradigmenwechsel, der einen großen Gewinn für die effektive Kontrolle solcher Spenden darstellt.“
Dustin Hoffmann, Büroleiter von Martin Sonneborn in Brüssel: „Erneut leistet Die PARTEI demokratische Pionierarbeit.“
Neues Deutschland: „Wer zwei Mal lügt, dem glaubt man“
Transparency International: „Der Fall wirft ein Schlaglicht auf die Notwendigkeit, die Aufsicht über die Parteienfinanzierung in Deutschland zu reformieren.“
Martin Sonneborn: „Wir danken den zahlreichen Spendern, die dieses Verfahren ermöglicht haben. Schade übrigens, dass die dpa und in ihrem Gefolge fast alle Medien in ihren Prozessberichten den Hinweis auf die Forderung eines Großspenders, der sein Geld mit Immobilien macht, nach Modifizierung des Mietendeckels vergessen haben. Berichtet wurde lediglich über die Forderung nach Gleichstellung behinderter Kinder. Klingt irgendwie sympathischer. So, und jetzt muss ich auf den Spielplatz.“
Sachdienliche Hinweise zu Gröner
Wenn er nicht in Berlin vor Gericht steht, dann in Leipzig. „Mögliche Insolvenzverschleppung“ und „Verschiebung von Vermögenswerten“ lauten dort die Vorwürfe.
Einem Gutachten des Amtsgerichts Leipzig zufolge lösten sich 643 Millionen Euro, die der Insolvenzverwalter in Gröners Bilanzen gefunden hatte, „dubios“ in Luft auf, im gleichen Zeitraum flossen mindestens 31 Millionen aus Gröner-Firmen an seine private Vermögensverwaltung. Gröner habe „ein hochkomplexes Geflecht zum Verschieben hoher Vermögen und laufender Einnahmen und zum Verschleiern der zuvor vorhanden gewesenen Haftungsmasse geschaffen“. Geschäftsführer und Aufsichtsratsvorsitzende in seiner Firmengruppe: Ronald Pofalla (CDU) und Günter Oettinger (CDU).
